LIVING PEOPLE - page 6

Da gibt es zum Beispiel
den glücklichen Geldmann
– der in sich ruht, Geld mag und damit Freude machen kann, den
Dichter
Wassermann
– der dichtet, liebt und mit Poesie das Wasser belebt,
die Metzgerstochter
– die verborgene Qualitäten kultiviert ...
Alle Figuren haben neben ihrer An-Wesenheit auch eine Geschichte, spiegeln etwas aus ihrem (Menschen)Leben und bieten
darüber hinaus auch noch den Spielraum für die Geschichte des Betrachters an.
Dieses Orchester der Charaktere fordert den Betrachter zum non-verbalen Dialog auf. Schau uns an! – Schau den Menschen
ins Gesicht.
Die Figuren bestehen aus einem Kopf – einem Gesicht – mit Augen, die uns ansehen – das bemerken wir zuerst. Der zweite Teil
dieser Wesen, ihr Körper, konstituiert sich aus bewusst gewählten Elementen: Sie sind „ganz Kleid“, Cocktailglas, Blumentopf, nur
Hand und Fuß oder in Nadelstreif prall eingenähtes Ei. Jedes Detail wird zum kryptischen Bedeutungsträger, sinnhaft lesbar.
In der Entstehung finden diese Dinge, Materialien und Accessoires oft eher durch die Intuition im Arbeitsprozess zueinander
– zur Figur. Sie werden probiert und verworfen und ergänzen am Ende, mit Aufmerksamkeit für jedes Detail, die mehrschichtige
Bedeutung der Figuren. So abstrahiert sich der Körper und löst sich von seiner eigentlichen Form, löst sich auf in symbolhafter
Information. So entfernen sich diese Geschöpfe vom Klischee.
Be-lebt werden Sie vom Dialog mit dem Betrachter, ko-existieren vor diesem jedoch bereits mit Texten die etwas von ihrer
(Lebens)Geschichte erzählen. Auch mechanisch sind die Figuren animierbar. Nahezu minimalistische Bewegungsmöglichkeiten
werden von Susanna Andreini benutzt, um sie zu erwecken. Es entsteht ein magischer Moment, wenn die Figuren durch den ge-
sprochenen Text und das szenische Spiel lebendig werden. Die bildnerisch-figurative Arbeit entwickelt sich aus der theatralischen
Darstellung heraus. Die Künstlerin liebt den Dialog auf einer Bühne – das Spiel mit Ihren Figuren und mit dem Betrachter.
So ergeben Figur, Text, Lesung und Animation zusammen eine kostbare theatralische Miniatur.
gerold tusch
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