LIVING PEOPLE - page 42

42
Auch bei der Vernissage des heutigen Abends stellt sich die
Mäzenin mit verhaltenem Kummer der grausamen Realität des
wiederholten möglichen Verkanntwerdens ihrer Person.
Sie hofft auf eine Begegnung mit jemandem, der einmal,
einmal ! nicht ihr Vermögen sieht, sondern sie.
Sie selbst.
Als Mensch.....als ...Persönlichkeit.
...als
....als
...Frau.
Manchmal weiß sie nicht sicher, ob diese Sehnsucht eine Illusion
ist oder eine Hoffnung – aber nun auch noch diese aufzugeben
kommt überhaupt nicht in Frage!
Und: Der Kunst zum Leben helfen! Der beglückende Kontakt
mit der lebendigen Künstlerseele! Wahre, echte Kunst in ihren
Anfängen entdecken und fördern!
(Besonders männliche Kunst! Junge männliche Kunst!)
Kunstwerke für die Nachwelt erhalten!
Ah – L-e-b-e-n-s-z-w-e-ck!
Darin treffen sich die Interessen der Mäzenin mit denen des Herrn
Rachmanow, Kunsthistoriker und Restaurator, der ihre Sammlung
alter Meister betreut, in ihrem Haus ein- und ausgeht und sie seit
langem heimlich liebt.
Gott, ja, das Vermögen.
Es ist schon auch eine Last.
Aber ein Leben ohne? Hm.
Und, das muss auch einmal gesagt werden:
Das Geld ist in ihrem Schicksal ein gewisser Akt
höherer Gerechtigkeit. So sahen es Onkel und Tante,
so sieht sie es.
Die Mäzenin trägt seit einiger Zeit eine aubergine
gefärbte Haarsträhne.
Das ist so, weil auch sie etwas versteht von der Kunst.
Weil auch sie immer wieder kreative Regungen verspürt.
Ja, da ist sie sich ganz sicher – kreative Regungen.
Dezent, aber doch, möchte sie diese zum Ausdruck bringen.
*
Die Mäzenin
*
Die Friseurin hat sich doch hoffentlich nicht geirrt ?
1...,32,33,34,35,36,37,38,39,40,41 43,44,45,46,47,48,49,50,51,52,...64
Powered by FlippingBook